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Jochen Hippler

Freiheitsbegriff, „Krieg gegen den Terror“ und Menschenrechte in der Außenpolitik der Bush-Administration



Die Vereinigten Staaten von Amerika verfügen nach dem Ende des Kalten Krieges in den internationalen Beziehungen über eine beispiellose Machtposition. Deshalb ist von hoher Bedeutung, wie Washington mit der damit verbundenen Verantwortung umgeht, soweit sie sich auf die Sicherung und den Ausbau der weltweiten Freiheits- und Menschenrechte be-zieht. Wenn der heutige US-Präsident im Ausland weniger für eine aktive Menschenrechts-politik als für seine oft kompromisslos unilaterale Rhetorik und seinen unbefangenen Um-gang mit militärischer Gewalt bekannt ist, so ist doch nicht zu übersehen, dass auch George W. Bush „Freiheit und Demokratie“ nicht nur immer wieder betont, sondern nicht selten in den Mittelpunkt seiner öffentlichen Erklärungen stellt.

Betrachten wir zum Beispiel eines der Schlüsseldokumente der Außen- und Sicherheitspoli-tik der Regierung Bush, die National Security Strategy vom September 2002. Bereits im knapp dreiseitigen Vorwort des Präsidenten fällt 18-mal der Begriff „freedom“ und dreimal das Wort „liberty“. An vier Stellen ist dort von „Demokratie“ die Rede, und diese Begriffe ziehen sich auch durch den Rest des Dokuments (insgesamt 46 mal freedom, 11 mal liberty, 32 mal democracy).

Diese häufige Verwendung dieser Begriffe beschränkt sich nicht auf die Nationale Sicher-heitsstrategie der USA, sondern diese tauchen in anderen zentralen außenpolitischen Grundsatzerklärungen ähnlich häufig auf. In seiner „Rede zur Lage der Nation“ vom Feb-ruar 2005 beispielsweise ist im außenpolitischen Teil (der aus ca. 2300 Wörtern besteht) 21 mal von „freedom“ die Rede, 10 mal von „liberty“ und 15 mal von Demokratie.

Die Häufigkeit, mit der der US-Präsident und andere ranghohe Mitglieder seiner Regierung von Freiheit und Demokratie sprechen, besagt für sich genommen natürlich nichts über die reale politische Praxis. Aber eine Analyse der einschlägigen programmatischen Texte zur Außenpolitik ergibt doch, neben der rhetorischen Bedeutung dieser Schlüsselbegriffe, zwei interessante Punkte. Einmal fällt auf, dass zwar bis zur Ermüdung häufig von Freiheit und Demokratie gesprochen wird, dass aber andere, damit verbundene Termini kaum auftau-chen. So ist der Begriff der Menschenrechte in den gleichen Dokumenten selten. In der Nationalen Sicherheitsstrategie findet sich der Begriff nur fünfmal, und jedes mal an wenig zentraler Stelle. Davon wird er viermal besonders eng gefasst, etwa in der Form von „grundlegenden“ oder „individuellen“ Menschenrechten, womit explizit oder implizit die wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte ausgeschlossen werden sollen. Zweimal werden die Menschenrechte nur länderspezifisch (in Bezug auf China) erwähnt, und in der Regel erscheint der Begriff nur im Zusammenhang einer Aufzählung mit anderen Begrif-fen. Sowohl die Seltenheit ihrer Erwähnung als auch die Art der Begriffsverwendung deuten auf eine eher marginale Bedeutung im außenpolitischen Diskurs hin.

Zweitens fällt auf, dass auch der Freiheitsbegriff in aller Regel eher dekorativ und rheto-risch denn konzeptionell verwandt wird. Damit unterscheidet man sich erkennbar von poli-tischen Vorstellungen der früheren Clinton-Administration, in der man den Begriff zwar seltener verwandte, aber dafür inhaltlich und konzeptionell vertiefte und Demokratisierung zu einer expliziten außenpolitischen Konzeption entwickelte – etwa im Kontext des Be-griffs der „market democracies“, wie er vom damaligen Nationalen Sicherheitsberater An-thony Lake entwickelt wurde.

Dem gegenüber bleibt der konzeptionelle Gehalt der Begriffe Freiheit und Demokratie bei Bush dünn.

„The attack on freedom in our world has reaffirmed our confidence in freedom's power to change the world. We are all part of a great venture: To extend the promise of freedom in our country, to renew the values that sustain our liberty, and to spread the peace that free-dom brings.”

Hier wird der Friedensbegriff in einen Zusammenhang mit dem des Wandels gebracht: einerseits soll die Freiheit „die Welt verändern“, andererseits „den Frieden bringen“, der seinerseits ausgedehnt werden solle. Aber solche Formulierungen sind höchst vage und kaum mehr als Rhetorik, sie bereiten allerdings Aussagen vor, die stärker programmatische Züge tragen.

“… (T)he United States will use this moment of opportunity to extend the benefits of free-dom across the globe. We will actively work to bring the hope of democracy, development, free markets, and free trade to every corner of the world” – so die Nationale Sicherheitss-trategie.

Hier wird versprochen, die momentane Machtstellung der USA dafür zu nutzen, die Freiheit weltweit zu verbreiten, auch wenn die Formulierungen weiter ziemlich unklar bleiben: so sollen die „Vorteile der Freiheit“ (nicht die Freiheit selbst) und „die Hoffnung der De-mokratie“ (und nicht die Demokratie) verbreitet werden – Formulierungen, die erkennbar nicht wörtlich gemeint sein dürften, sondern nur schmückenden Charakter tragen. In der zitierten Rede des Präsidenten wird diese Programmatik noch weiter getrieben: es gehe letztlich darum, die Tyrannei in der Welt zu beseitigen: „ America will stand with the allies of freedom to support democratic movements in the Middle East and beyond, with the ultimate goal of ending tyranny in our world.“

Fassen wir die Position der US-Regierung zusammen, ergibt sich folgendes Bild: die USA sind prinzipiell die Macht der Freiheit und Demokratie und ihre Politik zielt auf deren weltweite Ausbreitung. Gerade der Irakkrieg habe diesem Ziel gedient, er stelle den ersten Schritt einer entsprechenden Umgestaltung des Nahen und Mittleren Ostens dar. Die Frei-heit werde sich vom Irak auf die ganze Region ausdehnen und von dort letztlich in den Rest der Welt ausstrahlen. Diese Politik der Verwirklichung amerikanischer Freiheitswerte in der Welt diene zugleich dazu, die Kräfte des Terrorismus und der Tyrannei zurückzudrän-gen und zu besiegen. Der Freiheitsbegriff bleibt insgesamt unbestimmt und assoziativ, er wird eher beliebig mit anderen Termini verknüpft, sehr selten mit den Menschenrechten, oft mit Demokratie, freien Märkten, freiem Welthandel oder wirtschaftlicher Entwicklung. Letztlich wird er wie eine ideologische Projektionsfläche verwandt, die Positives konnotiert, aber bedeutungsoffen bleibt. Jeder kann damit seine eigenen Präferenzen in den Begriff hineinprojizieren, ohne sich in Gegensatz zu offiziellen US-Politik zu begeben. Präsident Bushs Freiheitsbegriff ist also eine gewollte Leerformel, die positive Assoziationen wecken soll (wer könnte gegen die Freiheit sein?), zugleich aber so flexibel ist, dass er fast jede Politik zu rechtfertigen vermag: entwicklungspolitische Initiativen, Terrorismusbe-kämpfung, die imperiale Kontrolle des Nahen und Mittleren Ostens und Krieg.


US-Politik.

Die Freiheitsrhetorik der Bush-Administration flankiert deren „Krieg gegen den Terroris-mus“, sie ist außerhalb dieses Kontextes kaum verständlich. Zugleich erfolgt sie im Kontext eines teilweise scharfen Konfliktes innerhalb der Regierung zwischen „Realisten“ und „Neo-Konservativen“, von denen erstere ein engeres Verständnis vom Charakter US-amerikanischer Interessen in der Außenpolitik besitzen, letztere mit oft missionarischem Eifer und beträchtlichem ideologischen Aufwand eine US-Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten und darüber hinaus durchsetzen wollen. Die „Realisten“ wie die „Neo-Konservativen“ teilen eine Bereitschaft zur auch hemdsärmeligen Durchsetzung eigener Vorstellungen und zum machtpolitischen Egoismus, unterscheiden sich aber in der Risiko-bereitschaft, im politischen Stil und ihren ideologischen Vorstellungen. Während die „Rea-listen“ sich stärker an nüchternen Kosten-Nutzen-Erwägungen orientieren, neigen ihre Gegner oft zu einer Außenpolitik im Stil eines Kreuzzuges, bei dem die imperiale Ausdeh-nung des eigenen Machtbereichs in moralischen Kategorien formuliert und zu einem Kampf des Guten gegen das Böse wird.

Dadurch wird auch der offene und zum Teil widersprüchliche Charakter der Freiheitsrheto-rik der US-Administration teilweise verständlich: während die einen diese als sprachliches Beiwerk einer pragmatisch imperialen Politik betrachten, das der Politik auf keinen Fall die Hände binden darf, fassen die anderen diese als den ideologischen und moralischen Kern ihrer missionarischen Aufgabe auf, die „amerikanischen Werte“ (die als mit „Freiheit“ identisch aufgefasst werden) weltweit zu verbreiten und sich so eine Welt nach ihrem Bilde zu schaffen. Die Bedeutungsoffenheit und der konsensstiftende Charakter des Freiheitsbe-griffs stellen so eine Bedingung der Zusammenarbeit beider Gruppen dar. In beiden Fällen allerdings ist ihr Freiheitsbegriff eine Chiffre, die stärker auf die eigene Politikidentität und Selbstdefinition denn auf ein Bündel konkreter und realer politischer und sozialer Rechte zielt. „Freiheit“ ist eine Chiffre für „amerikanische Werte“, nicht unbedingt für die tatsäch-liche Geltung realer Freiheits- und Menschenrechte.


Geringschätzung von Völkerrecht und Menschenrechten

Das ideologische Gewicht der Freiheitsrhetorik trägt dazu bei, sich grundlegenden politi-schen und juristischen Verpflichtungen im internationalen System mit scheinbar legitimen Gründen zu entziehen. So ist es kein Zufall, dass gerade die so offensiv „moralisch“ argu-mentierende Bush-Administration sich ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen, einer wei-teren Verrechtlichung der internationalen Beziehungen und vielen multilateralen Problem-lösungsansätzen zu entziehen trachtet. Klassische und bekannte Fälle sind natürlich der Irakkrieg, der in Bruch des Völkerrechts geführt wurde (da er weder auf einem Beschluss des UNO-Sicherheitsrates beruhte, noch in einer Situation der Selbstverteidigung erfolgte), die offene Missachtung der UNO in diesem und anderen Zusammenhängen, die versuchte Sabotage des Internationalen Strafgerichtshofes. Letztlich unterstreichen solche Fälle die Tendenz der US-Außenpolitik, sich als außer- oder oberhalb des Völkerrechtes und interna-tionaler Institutionen zu betrachten, und diese nur selektiv zu nutzen, wenn dies den eige-nen Interessen förderlich erscheint.

Freiheitsrhetorik und Menschenrechtsverletzungen erwiesen sich im „Krieg gegen den Terror“ schnell als kompatibel. Dies rief immer wieder breite internationale Kritik hervor, nicht allein durch Menschenrechtsorganisationen, sondern beispielsweise auch durch den Europarat, in dem 46 Länder Mitglied sind. So meldete die Tagesschau am 26. April 2005:

„Der Europarat hat den USA systematische Folter im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba vorgeworfen. Die Regierung in Washington müsse unverzüglich Maßnahmen ergrei-fen, um dieser Praxis ein Ende zu setzen, forderte die Parlamentarische Versammlung des Staatenbundes. In dem Lager seien zahlreiche Häftlinge "grausamer, unmenschlicher und entwürdigender Behandlung" unterworfen, hieß es in der Entschließung. Dies sei das Er-gebnis einer "offiziellen und auf höchster Regierungsebene autorisierten Politik". Die Ver-antwortlichen müssten, unabhängig von ihrem Rang oder Amt, ermittelt und vor Gericht gebracht werden.“

Es kam in Guantanamo nicht nur zur Folter, sondern auch zu Todesfällen und zahlreichen Selbstmordversuchen, die aus den unmenschlichen Haftbedingungen resultierten. Dieses Gefangenenlager blieb aber kein Einzelfall: in Afghanistan – z.B. im Lager von Baghram – war die Lage sehr ähnlich, auch dort kam es zu Todesfällen aufgrund von Folter und un-menschlicher Behandlung. Erschreckend waren ebenfalls Fälle, in denen verdächtige Per-sonen vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA entführt und in Länder gebracht wurden, in denen Folter an der Tagesordnung ist, um sie dort entsprechend behandeln zu lassen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (New York) formulierte das dahin-ter stehende Problem so:

„This pattern of abuse did not result from the acts of individual soldiers who broke the rules. It resulted from decisions made by the Bush administration to bend, ignore, or cast rules aside.”

Tatsächlich lassen sich dafür zahlreiche Belege finden. So bezeichnete der damalige Rechtsberater des Weißen Hauses, Alberto Gonzales, die Regeln der Genfer Konvention als „obsolet“, insbesondere die 3. Genfer Konvention von 1949 zum Schutz von Kriegsgefan-genen solle bezüglich des „Anti-Terror-Krieges“ nicht mehr gelten. Ähnlich formulierte ein wichtiger Rechtsberater des US-Justizministeriums, Jay Bybee, dass die USA im Kampf gegen den Terror nicht an nationale und internationale Verbote der Misshandlung von Gefangenen gebunden seien.

Johannes Thimm wies im Februar 2005 darauf hin, dass die US-Regierung in diesem Zu-sammenhang einen doppelten Weg beschritt: einerseits wurde der Folterbegriff massiv eingeschränkt, so dass viele bisher als Folter betrachtete Praktiken nun keine Folter mehr darstellen sollten. Zweitens wurde verstärkt zwischen Folter einerseits (die weiterhin als illegal betrachtet wurde) und „grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung“ von Gefangenen unterschieden, die erlaubt sei – obwohl die Genfer Konvention beides im gleichen Maße verbietet. Darüber hinaus stellte Thimm fest, dass es sich bei der Misshand-lung von Gefangenen „nicht nur um Einzelfälle handelte, sondern auch systematisch Ge-walt angewandt wurde“. Darüber hinaus gilt: „Sowohl das geheime Festhalten von Gefan-genen ohne jeden juristischen Prozess als auch die Auslieferung an Folterstaaten verstoßen gegen das Völkerrecht.“


Veränderung des politischen Klimas.

Die zweifelhaften Praktiken der US-Regierung und ihrer Streitkräfte und Geheimdienste schwächen insgesamt die Geltung des Völkerrechts und der Menschenrechte. Die Verharm-losung der Folter durch deren Umdefinition, die Anwendung von Folter- und Misshand-lungspraktiken durch US-Personal und befreundete Folterregime, das Verschwindenlassen von Verdächtigen, die Missachtung der Genfer Konvention und der UNO-Charta und die offensiven Erklärungen, dass man an diese nicht gebunden sei, stellen aus sich selbst heraus schwere zivilisatorische Rückschläge dar, sie schwächen und untergraben nicht allein das humanitäre Kriegsvölkerrecht, sondern auch die Menschenrechte. Darüber hinaus stellen solche Praktiken und Erklärungen aber auch Präzedenzfälle mit bedauerlichem Vorbildcharakter für andere Regierungen dar. Wenn ausgerechnet die dominierende Weltmacht eine systematische Politik der Relativierung völkerrechtlicher Schutzrechte betreibt und sie nur noch selektiv nach den eigenen Bedürfnissen anwendet, stellt dies eine Versuchung anderer Staaten dar, diesem Vorbild zu folgen. Die russischen Menschenrechtsverletzungen etwa in Tschetschenien (etwa das verbreitete Verschwindenlassen missliebiger Personen), die nach dem 11. September 2001 verschärfte Repression Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten und die Zerstörung zahlreicher Wohnhäuser (allein 10 Prozent der Einwohner der Stadt Rafa haben ihre Wohnhäuser verloren), illegale Verhaftungen, Folter und Misshandlungen von Gefangenen im Irak durch die Kräfte der provisorischen Regierung, Massenverhaftungen und Folter in Ägypten, pakistanische und afghanische Menschenrechtsverletzungen (dort insbesondere durch lokale Machthaber), Folter und andere Menschenrechtsverletzungen in Indonesien, illegale Verhaftungen und Gewalt gegen Häftlinge in Malaysia, die verschärfte Unterdrückung in Ländern wie Usbekistan und Kirgisien, aber auch eine Einschränkung der Freiheits- und Menschenrechte in Ländern wie Indien sind Beispiele dafür, dass sich die Menschenrechtslage in den letzten Jahren in vielen Ländern verschlechtert hat. Und nur zu oft wird die bisherige Repression nun mit dem Kampf gegen den Terrorismus gerechtfertigt, häufig wurden neue Sicherheitsgesetze verabschiedet, die repressiven Charakter tragen und mit terroristischen Bedrohungen gerechtfertigt wurden. Die Selektivität US-amerikanischer Menschenrechtspolitik hat solche Bestrebungen oft befördert und ermutigt, und die US-Regierung hat sich nur in solchen Fällen gegen die verschärfte Unterdrückung im Namen der Sicherheit gewand, wo ihr dies politisch genehm erschien. Durch ihre eigenen Missbräuche ist ihre Glaubwürdigkeit auch deutlich gesunken, wenn es um das Drängen auf die Einhaltung der Menschenrechte geht. Wie will man denn Ägypten oder Syrien von einem Verzicht auf Folterpraktiken überzeugen, wenn man zugleich Gefangene dorthin exportiert, um sie unter Folter verhören zu lassen?


Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die USA drei miteinander verknüpfte Offensi-ven begonnen haben: eine gegen terroristische Gruppen gerichtete, eine zur Ausdehnung ihrer Machtposition, insbesondere im Nahen und Mittleren Osten (vom Mittelmeer bis nach Zentralasien) und eine ideologische, die unter den Stichworten Freiheit und Demokratie geführt wird. Auch wenn man abstrakt unterstellen darf, dass die US-Regierung prinzipiell an politischer Liberalisierung, an Wahlmechanismen und Rechtsstaatlichkeit in der Region interessiert sind, so wird dieses Interesse doch durch zweierlei gebrochen: einmal durch taktischen Erfordernisse und Rücksichtnahme auf Partnerländer im Anti-Terror-Kampf und regionale Partner ihrer machtpolitischen Strategie; und zweitens durch die Befürchtung, dass Freiheit und Demokratie in manchen Ländern US-skeptische oder anti-amerikanische Kräfte stärken oder an die Macht bringen könnten. Auch deshalb bleibt die Freiheitsrhetorik der US-Administration ihren machtpolitischen Interessen eindeutig untergeordnet. Sie dient der legitimatorischen Flankierung imperialer Politik. Zugleich werden die Menschenrechte und Demokratie vor allem im Nahen und Mittleren Osten durch die Propaganda der Werte untergraben, da diese zu offensichtlich im Widerspruch zu konkreten Praktiken und Politiken der US-Regierung steht und als bloße Verhüllung des Vormachtstrebens erscheint. Auch wenn in großen Teilen der Region das Bedürfnis nach Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Rechten wächst, so wird dieser Tendenz durch die propagandistische Offensive der Bush-Administration ein Bärendienst erwiesen.
 


Quelle:
Jochen Hippler
Freiheitsbegriff, "Krieg gegen den Terror" und Menschenrechte in der Außenpolitik der Bush-Administration,
in: Jahrbuch Menschenrechte 2006, Frankfurt 2005, S. 130-137

 

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